Michael Miebach (CEO) spricht über die Herausforderungen der Weltwirtschaft und die Rolle der Global Player

31. August 2021 | Frankfurt | Von Juliane Schmitz-Engels

Mastercard CEO , Michael Miebach,  spricht über die Herausforderungen der Weltwirtschaft und der Rolle Globaler Player beim #WT21. Seine Rede rückt Themen wie Datensicherheit, nationalistische Handelsbeziehungen und den Klimawandel in den Fokus.

Michael Miebach, CEO, Mastercard

WIRTSCHAFTSRAT 2021

BERLIN

DIENSTAG 31. AUGUST 2021

In den letzten Jahren hat sich der Tenor durchgesetzt, dass sich die Weltwirtschaft an einem Wendepunkt befindet - angetrieben von der Digitalisierung. Ich stelle dies in Frage. In meiner Rolle bei Mastercard befinde ich mich im Epizentrum des Digitalen Handels. Und aus dieser Perspektive ist klar – die digitale Transformation ist hier.

Die Pandemie hat diesen Trend allerdings stark beschleunigt.

Die Pandemie hat aber auch eine weitere wichtige Tatsache bewiesen: Es geht bei der Nutzung von Technologie nicht nur um Bequemlichkeit.

Wir haben miterlebt, wie Menschen neue Gewohnheiten entwickelt haben - online einkaufen, kontaktlos bezahlen oder seltener zur Arbeit pendeln. Sie haben diese neuen Gewohnheiten - und die Technologien, die sie möglich machen - als nützlicher, produktiver und bereichernder empfunden.

Diese Gewohnheiten werden nicht auf den Stand von Dezember 2019 zurückfallen. Sie haben sich verändert - und das dauerhaft! Und so müssen sich jetzt Unternehmensmodelle, Politik und Vorschriften zusammen mit ihnen verändern.

Unabhängig davon, wo Sie auf der Welt leben, gibt es gemeinsame Wahrheiten: Wir alle wollen ein wohlhabenderes und erfüllteres Leben. Und wir alle brauchen Technologie, um dies zu erreichen.  

Aber gemeinsame Wahrheiten bringen auch gemeinsame Herausforderungen. In meiner Rolle bei einem Global Player, der Technologie einsetzt, um jetzt den Aufschwung voranzutreiben, sehe ich drei vordringliche Herausforderungen für die Weltwirtschaft: Datennutzung und Datenschutz, nationalistische Tendenzen im globalen Handel und vor allem den Klimawandel.

Diese Herausforderungen wirken sich darauf aus, wie wir zusammenleben und Geschäfte machen werden. Diese Herausforderungen schüren aber auch das öffentliche Misstrauen und die Polarisierung, die wir in den letzten Jahren erlebt haben.

Es liegt in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die Technologien, die wir entwickeln, und die politischen Maßnahmen, die wir erlassen: mehr Menschen erreichen, digitale Handelsbarrieren beseitigen und die Umwelt schützen.

Wie schaffen wir das? Hierzu habe ich drei Ansätze für Sie :

Erstens: Wir sollten uns auf Europas Rolle als Vorreiter des digitalen Wandels stützen.

Ich sehe die Chance für Europa, mehr Einfluss auf die Rahmenbedingungen zu nehmen, auf die sich dann jeder Markt in der digitalen Wirtschaft verlassen kann.

Deutschland sollte diese Bestrebungen anführen, um faire Wettbewerbsbedingungen in Europa und offene Märkte im Ausland zu gewährleisten.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Datenschutz-Grundverordnung. Die europäischen Datenschutzstandards haben die Art und Weise, wie Unternehmen Daten verwalten, weit über den Kontinent hinaus beeinflusst und damit in vielen Ländern den Grundstein für eine vertrauenswürdige und dynamische Digitale Wirtschaft gelegt. Bei Mastercard haben wir dementsprechend die Prinzipien der DSGVO zum globalen Standard gemacht.

Diese Rechtssicherheit in Bezug auf Datenschutzstandards beseitigt Reibungen und Risiken wirtschaftlicher Aktivitäten im digitalen Zeitalter. Daten und Finanzen der Menschen werden besser geschützt und damit wird auch das Wirtschaftswachstum gestärkt.

Es muss jedoch noch einiges mehr getan werden, um den fragmentierten Rahmenbedingungen und Normen für Künstliche Intelligenz und anderen aufstrebenden Technologien besser zu begegnen.

Dies gilt insbesondere für die Regulierung von Krypto- und digitalen Währungen. Korrekt gehandhabt, haben digitale Währungen das Potenzial, grenzüberschreitende Gebühren zu reduzieren und mehr Menschen mit grundlegenden Finanzdienstleistungen zu versorgen. Werden sie jedoch falsch eingesetzt, könnten sie dazu führen, dass der Verbraucherschutz nicht sichergestellt ist, und die Geld- und Währungspolitik limitiert werden.

Die Einführung globaler, digitaler Standards, wie z.B. beim Datenschutz, sind deshalb entscheidend, um eine verlässliche Basis für Menschen und Unternehmen in der digitalen Wirtschaft zu gewährleisten!

Zweitens: Investitionen in den digitalen Wandel sind unabdingbar.

Der digitale Wandel ist Realität für jeden, der im Geschäft bleiben möchte- insbesondere für kleinere Unternehmen.

Im globalen Zahlungsverkehr läuft diese Revolution auch nicht erst seit COVID-19. Sie wurde durch den beispiellosen Aufstieg von E-Commerce und mobilen Zahlungen ausgelöst.

Die Pandemie hat diese Revolution allerdings maßgeblich beschleunigt. Im letzten Jahr wurden weltweit über 750 Milliarden Euro zusätzlich im Online-Handel ausgegeben - ein Anstieg zwischen 60-90 % in verschiedenen Ländern. Bargeld hat eine Grundfunktion, aber digitales Geld ersetzt Bargeld in einem immer schnelleren Tempo. In Deutschland sind 90 % der Menschen der Meinung, dass die Möglichkeit zur elektronischen Zahlungen im Geschäft selbstverständlich sein sollte. Das Potenzial, unsere Bankgeschäfte, Zahlungen, und den gesamten Handel neu zu gestalten, ist gewaltig.

Technologie wird auch in Zukunft die Einstellung der Menschen zu Geld und Transaktionen verändern. Dies kann ein starker Motor für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Beschäftigung sein,

wenn - und nur wenn - wir gewährleisten, dass die neuen Technologien sicher, kosteneffektiv und zugänglich sind.

Es muss also gelten: Investitionen in Digitalisierung sind Investitionen in Zukunft und Wachstum. So z.B. in schnelles mobiles Internet, die Digitalisierung von Geschäftsprozessen oder etwa die IT-Sicherheit der Wirtschaft. Es muss aber auch klar sein: Nationalistische Bestrebungen und protektionistische Maßnahmen im digitalen Handel bedrohen diese positive Entwicklung.

Drittens: Wir müssen unsere Stärken einsetzen, um die zentrale Herausforderung unseres Jahrhunderts zu meistern: Den Klimawandel.

Europa - und insbesondere Deutschland - sind weltweit für Spitzenleistungen im Hightech Engineering bekannt.

Diese Spitzenleistungen sind auch die Basis für die Volkswirtschaften und Gesellschaften der Zukunft.

Aber diese Zukunft wird entscheidend von unserer Antwort auf die Klimafrage in diesem Jahrzehnt abhängen!

Ich bin in Deutschland aufgewachsen und hier ausgebildet, und so glaube ich an unsere Fähigkeiten und bin der festen Überzeugung: Wir müssen - und können uns - dieser gewaltigen Herausforderung stellen.

Mit dem Green Deal schreitet Europa auch hier schon maßgeblich voran. Für eine erfolgreiche Umsetzung kommt es jetzt darauf an, digitale Innovationen zu stärken und international zusammenzuarbeiten. Denn wir brauchen die besten Technologien und Lösungen –  woher sie auch kommen –, um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen und gleichzeitig die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.  

Wir benötigen jetzt Ehrgeiz und kühne Ideen. Scheu vor Risiko ist fehl am Platz. Bei Mastercard helfen wir beispielsweise mit Künstlicher Intelligenz Verbrauchern, den Umwelteinfluss Ihrer Ausgaben zu verstehen und anzupassen.

Wir fördern den Schritt zur Elektromobilität durch einfache Bezahlvorgänge: Die Nutzer müssen sich darauf verlassen können, an der Ladesäule genauso einfach bezahlen zu können, wie auch im Supermarkt oder an der klassischen Tankstelle. Egal, ob in Deutschland oder bei der Reise durch Europa. Globale Zahlungsverkehrsstandards liefern auch hier die Basis und tragen damit zu Investitionen in grüne Technologien bei.

Europas und Deutschlands Beitrag hierzu sind unsere Stärken: Vertrauen schaffen; Innovation vorantreiben; und offene Märkte unterstützen.

Die zentralen Herausforderungen von heute sind globaler Natur. Sie erfordern globale - insbes. auch transatlantische - Zusammenarbeit. Lassen Sie uns diese Partnerschaften nutzen und damit das Wohlstandsversprechen neuer Technologien erfüllen.

Die Privatwirtschaft und Unternehmen wie Mastercard sind hierbei wichtige Partner.

Vielen Dank.

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Juliane Schmitz-Engels, Director, Communications Germany and Switzerland